Sonntag, 24. August 2014

Carson 507037 / Tamiya - Mini Tyrann 100 - Koaxial Hubschrauber

Auf der Suche nach einem Zeitvertreib für’s Wohnzimmer stieß ich nach längerer Recherche und Vergleichen mit anderen Koaxial Hubschraubermodellen auf den Mini Tyrann 100 von Carson / Tamiya, der bis auf die unterschiedliche Verkleidung baugleich mit dem "Mini Tyrann Slide" ist.
Carson Artikelnummer: 500507037 

Wichtig bei der Kaufentscheidung waren mir vor allem eine vollwertige
4 Kanal Steuerung mit 2.4 GHz und vernünftigem Handsender – nicht so ein neumodisches, unhandliches Spielekonsolen Design - , sowie einzelne Servos zur Ansteuerung der Taumelscheibe und eine insgesamt gute Wartungs- freundlichkeit. Hinzu kam ein, meines Erachtens erfreulich niedriger Preis von knapp 50 Euro, was aber wohl auch daran liegen mag, weil das Modell anscheinend bereits seit etwa 2-3 Jahren auf dem Markt ist.
Mich interessiert bei einem Modell jedoch nicht die Aktualität des Produktes sondern dessen Nutzbarkeit.

Nach dem Auspacken des neu erworbenen Helis stellte ich fest, dass sich die robuste Verpackung ausgezeichnet zur wiederverwendbaren Aufbewahrung und zum Transport des Modells eignet.

Bilder zum Vergrößern bitte anklicken.

 
Sobald der mitgelieferte winzige 420 mAh LiPo Flugakku aufgeladen und die
8 AA Senderbatterien eingelegt sind, kann es auch schon zum Erstflug gehen. Als „Testgelände“ eignet sich ein großer Raum mit möglichst wenig Möbeln oder tiefhängenden Lampen. Wenn dann auch noch die Deckenhöhe ab 3 Meter beträgt, hat man den idealen Raum gefunden. Natürlich lässt sich der Heli auch in kleineren Räumen fliegen, für Anfänger bedeutet das allerdings mehr Stress.

Da ich schon seit etwa 35 Jahren Modellbau betreibe – vorwiegend Flächenmodelle - und in den letzten Jahren auch etwas in die „Heliwelt“ hineingeschnuppert habe, wusste ich ungefähr, was mich erwartet.

Nach dem Einsetzen des vollgeladenen Akkus ins Modell und dem Einschalten des Senders bei Gas in Mittelstellung, erfolgt automatisch das bei 2.4 GHz Anlagen übliche sogenannte „Binding“ zwischen Sender und Empfänger, welches nach wenigen Sekunden durch ein grünes Leuchten der LED im Sender angezeigt wird. Danach den Gas-Knüppel nach unten in Nullstellung ziehen und das „Binding“ ist abgeschlossen. Nun kann es auch schon losgehen.

Mit einem vorsichtigen Schub am Gas-Knüppel hebt der Mini Tyrann zu seinem ersten Start vom Wohnzimmertisch ab. Über die Trimmhebel am Sender lassen sich Längs-, Hoch- und Querachse sehr feinfühlig einstellen, sodass mit etwas Übung sogar ein über mehrere Sekunden stabiler Schwebeflug ohne Eingriff der Fernsteuerung möglich ist. Bemerkenswert ist hierbei, wie präzise die Steuerelektronik und der kleine Gyro zusammenarbeiten.


Ist der Akku so weit entladen, dass ein Fliegen nicht mehr möglich ist, geht der Heli in einen langsamen Sinkflug über, der meistens noch eine sichere Landung ermöglicht. Man merkt jedoch schon rechtzeitig vorher am immer länger werdenden Weg des Gas-Knüppels, dass es Zeit wird, einen guten Landeplatz zu suchen.

Natürlich passieren bei den ersten Akkuladungen auch Abstürze. Diese bleiben aufgrund des geringen Gewichtes des Modells und der flexiblen Bauweise der Rotorblätter, der Kufen und des Chassis jedoch meistens ohne gravierende Folgen. Auch die Rotorblätter sind sehr flexibel und halten mehr aus, als sie vermuten lassen. Nur von scharfkantigen Tischbeinen und Regalen sollte man den Heli fernhalten, da die Rotorblätter durch den weichen Kunststoff sehr kerbempfindlich sind. Für den Fall, dass die Rotorblätter dennoch einmal größeren Schaden nehmen, liegt dem Modell ein zusätzlicher Satz Rotorblätter bei. Beim Austausch ist allerdings unbedingt darauf zu achten, dass beim Entfernen der Rotorblätter nicht die dahinterliegenden kleinen Haltestifte der Rotorköpfe herausfallen. Genaueres dazu, weiter unten im Text.

Schon beim ersten Flug empfand ich die blinkende rote LED oben in der Verkleidung als ziemlich nervend, was mich dazu veranlasste, sie auszubauen. Praktischerweise ist sie mit einem Stecker mit der Steuerplatine verbunden. Ebenso, wie die hellweiße LED an der Unterseite der Kanzel. Mit wenigen Handgriffen ist die Verkleidung vom Chassis entfernt und legt den Zugang zur Steuerplatine frei. Ein leichter Zug am Kabel und schon ist der Stecker gezogen und das lästige Geblinke gestoppt.

Anmerkung: Der kleine Poti auf der Steuerplatine dient zur Synchronisierung der beiden gegenläufigen Antriebsmotoren. Falls der Weg des Trimmhebels am Sender nicht mehr ausreicht, um ein Drehen des Helis um die Hochachse (Gieren) auszugleichen, kann an diesem Poti entsprechend nachjustiert werden. Eine ziemlich pfiffige Lösung, wie ich finde.
Mehr dazu in der Bedienungsanleitung:

https://cdn.simba-dickie-group.de/downloads/500507037/500507037_manual.pdf

https://cdn.simba-dickie-group.de/downloads/500507037/500507037_Testbericht.pdf

https://cdn.simba-dickie-group.de/downloads/500507037/500507037_CE_Declaration.pdf


 

Beim Erstflug stellte ich fest, dass das Servo-Gestänge für die Querachse (Nicken, Vorwärtsflug) in Flugrichtung links zu kurz und damit der Servohebel zu hoch eingestellt war. Nachstellen, bzw. Verlängern war nicht mehr in ausreichendem Maße möglich. Irgend ein "Spezialist" in der Fabrik hatte das Gestänge bei meinem Modell schon serienmäßig nur mit wenigen Gewindegängen im Kugelkopf eingeschraubt. Außerdem war der Servo-Hebelweg insgesamt zu kurz. Ich habe mir deshalb einen neuen Servohebel und eine einstellbare Anlenkung gebaut. Durch den größeren Ausschlagwinkel ist nun ein schnelleres und agileres fliegen möglich, weil die Taumelscheibe stärker gekippt wird.

Das Gestänge für die Längsachse (Servo in Flugrichtung rechts) musste nicht verändert werden.

 
 

Wenn sich der Heli durch die Trimmhebel am Sender nicht neutral einstellen lässt, also so, dass er nicht nach links, rechts, vorne oder hinten abdriftet, dann lässt sich das normalerweise über heraus- oder hineindrehen des entsprechendes Kugelkopfes am Gestänge einstellen. Meist genügen schon 1-2 Umdrehungen am Kugelkopf, um die Trimmhebel wieder in Mittelstellung positionieren zu können.

Das Abziehen der filigranen Kugelköpfe ist mit äußerster Vorsicht durchzuführen!
Man muss aufpassen, dass man bei zu viel Zug oder Druck auf die Kugelköpfe nicht vorne die Führungsgabel der Taumelscheibe beschädigt. Alternativ kann man mit einem kleinen Kreuzschlitzschraubendreher auch die jeweilige Kugel von der Taumelscheibe abschrauben und dann den Kugelkopf auf dem Gestänge heraus- oder hineindrehen.

Die Motoren werden während des Fluges sehr warm. Selbst wenn man die Verkleidung um die Motoren herum etwas ausschneidet, damit sie wenigstens etwas im Luftstom liegen, bringt das letztendlich kaum Besserung. Die großen "Made in China" Aufkleber auf den Motoren sollten unbedingt entfernt werden, damit die Wärme besser abgeführt werden kann.
Um die Lebensdauer etwas zu verlängern und um Folgekosten zu sparen – ein Motoren-Set kostet aktuell im Netz um 15 Euro -, bin ich der Ansicht, dass man die Motoren nach jedem Flug etwas abkühlen lassen sollte.

Schon nach wenigen Akkuladungen lässt sich der kleine Heli gut um die Wohnzimmerlampe zirkeln und auf Regalen und Tischen landen.
Apropos Akku: Der mitgelieferte 420 mAh LiPo Akku reicht bei mir gerade einmal für ca. 10 Minuten Flugzeit. In den Akkuschacht auf der Unterseite des Tyrann passen auch bis zu 750 mAh Akkus, mit denen ich eine Flugzeit von 15 – 16 Minuten Flugzeit erreiche.
Das geringe Mehrgewicht stört das Flugverhalten in keinster Weise.
Dazu schnell noch ein Adapterkabel zusammengelötet, damit Akkus mit verschiedenen Steckern verwendet werden können.

Auf der Oberseite der Akkus würde ich einen kleinen Streifen festes Gewebeband anbringen. Bei sehr harten Landungen könnte es meiner Ansicht nach sonst im schlimmsten Fall eventuell passieren, dass der Akku durch das herausragende Ende der inneren Rotorwelle punktiert wird.
Ein defekter LiPo Akku ist kein Spaß!

 
 
Trotz der geringen wirkenden Kräfte, fordert auch die Mechanik des kleinen Helis nach einigen Flügen ihren Tribut. Nach ca. 25 – 30 Akkuladungen setzte sich bei mir die innere Rotorwelle, die aus einem ca. 1 mm Stahlstab gefertigt ist (den genauen Durchmesser habe ich nicht gemessen). Dies hatte zur Folge, dass das untere Zahnrad nicht mehr auf dem Mitnehmer saß, der in dem Alu-Stellring eingearbeitet ist und der die innere Rotorwelle sichert. Die Kraft vom Zahnrad konnte somit nicht mehr auf die innere Rotorwelle übertragen werden.






Beim Zerlegen des Rotorkopfes und beim Erneuern der Rotorblätter ist Vorsicht angebracht!
Die Blatthalter sind mit jeweils zwei winzigen Stahlstiften mit der Rotorwelle verbunden.
Werden die Rotorblätter entfernt, können die ca. 1,5 x 6 mm Stahlstifte leicht herausfallen und werden schlimmstenfalls nicht mehr gefunden.

Beim Zusammenbau ist unbedingt die Reihenfolge des oberen Rotorkopflagers zu beachten.
Zuerst die Unterlegscheibe, danach das Messinglager und zum Schluss die Kunststoffhülse.
Die Kunststoffhülse hat an einem Ende eine kleine Vertiefung, in die das Messinglager genau aufnehmen kann. Wird die Kunststoffhülse falsch eingebaut, lässt sich die innere Rotorwelle nicht ganz durch die äußere Rotorwelle schieben und nicht mit dem Stellring befestigen.
Zu beachten ist auch, dass die innere Rotorwelle am unteren Ende abgeflacht ist. Hier muss eine der beiden Befestigungsschrauben aufliegen, damit der Stellring sicher fixiert ist.
Ich habe die innere Rotorwelle vor dem Einschieben mit einem hauchdünnen Ölfilm versehen und auch sämtlichen Kugellagern einen kleinen Tropfen Öl gegönnt. Danach flog der Heli merklich vibrationsärmer.



Rotorwelle, Heckausleger und Trainingsgestell bestehen aus CFK oder GFK und sind dadurch extrem belastbar.

Die Rotorwelle ist im Chassis mit zwei robusten Kugellagern geführt und auch in der Taumelscheibe befindet sich ein großzügig dimensioniertes Kugellager. Ebenso sind die beiden Zahnräder mit einem Kugellager gegeneinander gelagert. Dieses Lager ist einseitig abgedeckt und wird wie auf dem Bild mit der offenen Seite zum Zahnrad weisend montiert, sodass kein Schmutz eindringen kann. Auch diesem Lager schadet ein kleiner Tropfen Öl vor der Montage nicht.



Der Sender ETB41 - 2.4 GHz von Carson / Tamyia macht äußerlich nicht nur für diese Niedrigpreisklasse einen recht soliden Eindruck, welcher sich auch im Inneren bestätigt.
Die Knüppel sind tatsächlich aus Aluminium gefertigt, sind zudem über ein Schraubgewinde höhenverstellbar und lassen sich feinfühlig bedienen.
Die Trimmhebel haben gut spürbare Raster.
Jede Servo-Drehrichtung lässt sich über versenkte Schalter mithilfe eines kleinen Schraubendrehers von außen umkehren.
Das Innere des Senders wirkt aufgeräumt und übersichtlich. Alle Kanäle sind über Stecker auf der Platine befestigt, sodass sich die Belegung nicht nur in Standard Mode 1 und 2, sondern beliebig variieren lässt. Weil ich damit bei Helis besser zurecht komme, habe ich den Sender auf Mode 4 eingestellt. Also Gas und Längsachse (Rollen) auf dem linken Knüppel und Nick und Gieren auf dem Rechten. Der Gasknüppel lässt sich mit wenigen Handgriffen von links nach rechts umbauen, indem entweder der Metallbügel und die Rückstellfeder umgebaut werden, oder man löst gleich die jeweils 4 Schrauben und tauscht den kompletten „Knüppelkasten“ von links nach rechts. Die Anschlusskabel der Potis sind für den Seitenwechsel lang genug.

Der 4 Kanal Sender ETB41 verfügt nicht nur über eine seitliche Ladebuchse für 12V/500 mA, sondern auf der Rückseite auch über eine Buchse zum Anschluss an einen Simulator. Ob damit auch ein Lehrer/Schüler Betrieb möglich ist, ist mir nicht bekannt.
Der Sender wird auch als 6 Kanal Variante, sowie zusammen mit größeren Flugmodellen und in anderen Sendergehäusen verkauft.

Die Reichweite der Fernsteuerung ist im Falle des "mini Tyrann" abhängig von der Qualität der Empfängereinheit. Ich habe sie noch nicht überprüft, sie liegt jedoch deutlich außerhalb des sinnvollen Sichtflugbereichs dieses kleinen Modells. Ich schätze sie auf gute 50 Meter.




 

 
 
 


Das Fliegen im Freien ist mit dem Carson mini Tyrann 100 nur bei absoluter Windstille möglich. Sobald er auch nur von einem ganz leichten Windhauch erfasst wird, ist der kleine Koax-Heli ein Spiel der „Naturgewalten“ und nahezu nicht mehr steuerbar. In diesem Fall hilft nur noch, sofort die Drehzahl zu reduzieren und versuchen den Hubschrauber irgendwie halbwegs sicher zu landen. Dieses Problem ist allerdings bei allen kleinen bis mittleren Koaxial Hubschraubern bauartbedingt. Die Ursache dafür ist die Paddelstange mit dem daran gekoppelten oberen Rotor, die durch ihre Kreiselkräfte und die daraus resultierende Stabilisierung nur träge Flugmanöver bei den kleinen Koax-Helis zulassen.

Der Carson mini Tyrann 100 macht selbst nach mittlerweile ca. 30 Flugstunden immer noch Spaß und zeigt bis auf die oben beschriebenen Modifikationen noch keine Ermüdungserscheinungen und so wie es momentan aussieht, wird er noch etliche Stunden seine Kreise ziehen.


Frank's Craft Shack